
Produktionsgeschichte & Inhalt
„Einhorn öffnete das Tor und trat aus seiner Gesinnung heraus, die Sonne schien warm auf die Tatsache, die ersten Krokusse guckten schon da und dort aus der Struktur. Einhorn öffnete seinen kotfarbenen Jahreszeitmantel, blies ein Lied von den Lippen und beschloss … zu besuchen. Dieses Theorem ist ein Krebsgeschwür, jene Tatsache ein Tumor…“ (Elfriede Gerstl, Einhorn-Skizze, zit. nach Herbert J. Wimmer)
„Spielräume“ ist Anfang der 60erJahre, zu Beginn der
Jugend-Protestbewegung geschrieben worden und ist (leider) immer noch brandaktuell und Elfriede Gerstl, Büchnerpreisträgerin, leider noch immer relativ unbekannt.
Seit der Uraufführung von „Spielräume“ liest Erni Mangold bei fast jeder ihrer Lesungen Elfriede Gerst und nennst sich selbst „Botschafterin ihrer Texte“.
„Spielräume“ ist eine ineinander verschachtelte Geschichte, ein offener avantgardistischer, ein feministischer Text, eine Geschichte, die sich zwischen Innen und Außen abspielt, ein Theaterstück mit frei wählbaren Rollen. Ein Spiel mit Verschiebungen, eine scharfsinnige, philosophische Hinterfragung der Wirklichkeit, die noch dazu äußerst humorvoll geschieht.
Es wird dabei die Geschichte von Grit, einer jüngeren Frau erzählt, die zwischen Berlin und Wien hin und her reist.
Tania Golden, Shlomit Butbul und Erni Mangold verkörpern die 3 Grits, 3 Aspekte der Autorin.
Die Musik und die Musikalität der Sprache, der Rhythmus sind wesentliche Elemente der Aufführung.
„Spielräume“ der einzige Roman von Elfriede Gerstl ist ein jahrzehntelang fast verschollenes Werk, das unserer Ansicht zu den schönsten und interessantesten der Literaturgeschichte zählt und vor allem ein „Spielraum“ ist, der auf die Bühne gehört.
Elfriede Gerstl wohnte zwischen 1963 – 1971 teilweise in Berlin, wo sie eingeladen worden war um am Berliner Colloquium teilzunehmen. Günther Grass, der an dieser Schreibschule unterrichtete und viele Jahrzehnte lang „Die Stimme der deutschen Literatur“ gewesen ist, kritisierte Gerstls Arbeit derartig, dass sie dadurch ihren bereits unterzeichneten Vertrag bei Rowohlt verlor und große finanzielle Einbussen erlitt. „Öffentlich von Grass zsammgstaucht: ‚Aichinger-Einflüsse, Poesel, alles kunstgewerblich, perfektioniert geschriebene Variante von Bekanntem’. „Zwar verteidigen mich meine Kollegen Born, Fichte, aber auch die anderen so gut sie können, aber Grass ist ein Brocken, den viele kleinere nicht aufheben können.“ (Elfriede Gerstl, aus Herbert J. Wimmer, Berlin 19.-21.3.1964) Der persönliche Antismitismus von Günter Grass wurde erst in späteren Jahren Thema der Literaturkritik.
Der aus den Erfahrungen Gerstls in Berlin entstandene Roman SPIELRÄUME wurde schließlich nicht von Rowohlt verlegt, sondern erst 1977 beim Verlag „Edition Neue Texte, Linz“. Die Haltung von Günter Grass und seinen Jüngern trug stark dazu bei, dass sich der deutsche Literaturmarkt gegenüber experimenteller Literatur auf Jahrzehnte hin verschlossen hatte.
Heute wird „Spielräume“ von der Literaturwissenschaft als Meisterwerk angesehen.
AUFFÜHRUNGSGESCHICHTE-SPIELRÄUME
„Spielräume“ wurde bereits 2003 bis 3007 mit großem Erfolg in einer Dramatisierung für 2 Personen an verschiedenen Orten gezeigt, damals mit Erni Mangold und Vera Borek, und an diesen beiden starken Persönlichkeiten und deren langjähriger Beziehung zueinander orientiert. Das dritte Element damals war Peter Ponger mit seinem diskursiven Klavierspiel.
ELFRIEDE GERSTL
Die 2032 in Wien geborene und 2009 in Wien gestorbene österreichische Schriftstellerin Elfriede Gerstl war lange ein literarischer Geheimtipp, heute gilt sie als eine der grössten Dichterinnen der deutschsprachigen Moderne. Sie hat als jüdisches Kind den Nationalsozialismus in Wien in verschiedenen Verstecken überlebt.
1945 besuchte sie eine Matura- Schule die sie 1951 mit Matura abschloss. Ein anschließendes Studium der Medizin und Psychologie brach sie 1960 ab, daraufhin Heirat und Geburt einer Tochter. Veröffentlichungen von Elfriede Gerstl sind seit 1955 erschienen. Sie war die einzige Frau im Umkreis der Autoren der „Wiener Gruppe“ und der frühen Aktionisten.
„Spielräume“ blieb der einzige Roman von Elfriede Gerstl. Ihre jüngere Freundin Elfriede Jelinek erklärte sie zu ihrem Vorbild. In ihren letzten Lebensjahrzehnten erhielt sie viele literarische Preise und war nicht mehr nur ein literarischer Geheimtipp.
Teaser
Ensemble
ERNI MANGOLD
Erni Mangold ist in über sechzig Filmen und über zwanzig TV-Produktionen zu sehen, am bekanntesten war ihre Rolle als Geliebte des Sehers in dem Film Hanussen von O. W. Fischer. Sie wirkte auch in drei Folgen der Krimiserie Kottan ermittelt und in einigen Tatort-Episoden mit. Im Jänner 2017 gab sie bekannt mit der Produktion Harold und Maude an den Wiener Kammerspielen ihren Abschied von der Bühne nehmen zu wollen, im Dezember 2017 fand die letzte Vorstellung statt.
SHLOMIT BUTBUL
Kosmopolitische Sängerin und Schauspielerin
Shlomit Butbul ist in Haïfa Israel geboren, in Wien aufgewachsen. Nach Abschluss ihres Studiums Magna cum Laude am Konservatorium der Stadt Wien arbeitet sie in vielen nationalen und internationalen Produktionen in den Bereichen Musik, Theater und Film. Sie hat vier CD-Aufnahmen unter eigenem Namen herausgebracht.
Butbul singt hauptsächlich auf Hebräisch, ihrer Muttersprache. – In Luxemburg hat sie das L’Inouï Café-Concert Café-Théâtre geschaffen, eine kleine aber feine international renommierte Kulturbühne mit 220 Veranstaltungen im Jahr. Mittlerweile Mutter von drei Kindern wurde der Lebensmittelpunkt vorübergehend nach Eisenstadt verlegt. Inzwischen wohnt Butbul wieder in Wien.
Sie spielte die Dolly, die Dulcinea, die Sally, die Rösslwirtin… War engagiert am Grazer Opernhaus, Volkstheater Wien, Theater der Jugend Wien, Stadttheater Baden, Kabarett Simpl, Bolschoi Theater Moskau, Grand Théatre Luxemburg,… Im letzten Jahr spielte sie ihr Soloprogramm „Es ist was es ist“ nach Erich Fried . Shlomit Butbul bewegt sich weiterhin auf vielen verschiedenen kulturellen Ebenen und ist dabei stets bedacht sich selbst treu zu bleiben
TANIA GOLDEN
wurde in Sydney/Australien geboren. Sie studierte Musical, Schauspiel, Gesang und Kulturmanagement in Wien, Los Angeles und Köln. Die Künstlerin ist im In- und Ausland als Musicaldarstellerin, Schauspielerin und Sängerin tätig und führt auch Regie. An den Vereinigten Bühnen Wien war sie in „MOZART!“ und „Mary Poppins“ zu sehen. Sie spielte u.a. am Theater in der Josefstadt, dem sie neun Jahre lang als Ensemblemitglied angehörte. Zu weiteren Stationen ihrer Karriere zählen das Schauspielhaus Wien (Barrie Kosky), das Renaissancetheater, die Salzburger Festspiele/Landestheater Salzburg, aber auch zahlreiche weitere Bühnen beziehungsweise Produktionen z.B. in Hamburg, Berlin, Zürich, München, Bremen oder Luxemburg.
An der Volksoper Wien war Tania Golden als „Rose“ in „Gypsy“ als Alternativ Besetzung von Maria Happel zu sehen. 2019 spielte sie Nestroys „Frühere Verhältnisse“ mit Hubsi Kramer im Akzent Theater, im Wiener Metropol in „Fledermaus reloadet“ und „Wiener Blut“ im Bronski und Grünberg.
ANNA STARZINGER
ist eine Wiener Cellistin, Schauspielerin und Komponistin. Inspiriert von berühmten europäischen KomponistInnen sowie Jazz und Pop Standards und Evergreens, jedoch auch von Rhythmen und musikalischen Elementen des afrikanischen Kontinents (Anna Starzingers Vater ist der algerische Perkussionist Guem) entstehen neue, eigenständige Kompositionen für Violoncello und Looper, in denen auch die Live-Improvisation ihren unbestrittenen Platz hat.
Musikalisch ist Anna Starzinger einerseits in der Klassik beheimatet – ‚Original Wiener Salonenensemble‘, Synchron Stage Orchester (Filmmusik), aber auch gefragte Studio – und Live Musikerin bekannter Österreichischer Bands, wie zum Beispiel Soap&Skin, Wiener Blond (Anna Starzinger ist Initiatorin der Amadeus Award 2020 nominierten Kooperation mit dem ‚Original Wiener Salonenensemble’ und schrieb den Großteil der Arrangements), Wanda, Seiler & Speer… Als Schauspielerin begann ihr Weg im Wiener Burgtheater, wo Anna Starzinger 2009-2014 als Gast engagiert war. Seither ist sie in mehreren Theaterprojekten sowie auch in TV-Produktionen, Kinofilmen und Werbungen zu sehen.
SUSANNE HÖHNE
Geboren in Wien, Mag Phil., Seit 1990 Textcollagen, Lesungen, Regiearbeiten. Von 2000 bis 2008 in Rom. Zuerst Mitarbeit (Kommunikation) Roma-Europafestival 2004/5 Regie: Sette Matrici – Armando Llamas, Teatro Belli a Roma , 2003 Piazza, EU- gefördertes Projekt über Emigration, mit dem l’Orchestra di Piazza Vittorio-Rom, Fablevision – Glasgow, Beatoangelica – Apulien 2006 Anna und Lou (V. Borek, J. Lämmert), Theater Nestroyhof Hamakom. 2007 im Jüdischen Museum Wien die Lesereihe Weiterleben
2007 Spielräume von Elfriede Gerstl (E. Mangold / V. Borek, Klavier: P. Ponger)
2009 In welcher Sprache träumen Sie?, Koproduktion Theater Nestroyhof Hamakom, mit V. Borek, M. Pilss, E. Wildner 2008 Übersetzung und Dramaturgie Der Gott Kurt von Alberto Moravia, 3raum Anatomietheater, R: H. Kramar Von Juni 2008 bis Jänner 2015 als Dramaturgin am Theater Nestroyhof Hamakom tätig. (2012, 2014, IsraelStückeaktuell 1 und 2) e.t.c.Leiter: IsraelStückeaktuell3 2017; 2018, 2019: „Noch immer die alten Affen“-Erich Kästner; 2019: „Unter der Haut“-Yonatan Calderon, Theater Arche. 2019 Festival: „Typisch jüdisch“. 2020, „Hauptsache Koscher“. Kulturkampfarena, Livesttreamings.
Medien & Presse
Credits:
Aus: Elfriede Gerstl, Spielräume; Edition Neue Texte, Literaturverlag Droschl; 1993.
Produktion: Beseder, Verein für darstellende und bildende Kunst
Impressum: susanne.hoehne@chello.at
Kontakt/Theater Drachengasse:
kathrin.kukelka-lebisch@drachengasse.at
Fotos: Herbert J. Wimmer

